Donnerstag, 31. Oktober 2013

Raus aus dem Mikrokosmos

Das Thema beschäftigt mich schon lange in den unterschiedlichsten Formen: Wann bewege ich mich lieber im geschützten Raum, wo ich von einem Minimalkonsens über bestimmte menschliche, politische, soziale Überzeugungen ausgehen kann? Und wann sollte ich mich mit gegenteiligen Meinungen konfrontieren?

Die Frage hat sich mir zum ersten Mal gestellt, als ich Deutsch als Fremd-/Zweitsprache unterrichtet habe. Lieber im Kreuzberger Sprachschulkollektiv unterrichten, wo Menschen mit homophoben, rassistischen, antisemitischen Einstellungen sich nicht wohlgefühlt haben? Mit dem wohligen Gefühl, dass ich einen Deutschkurs auch als Empowerment empfinden kann - für mich selber und für die anderen Teilnehmer_innen?

Oder lieber an einer Schule, wo ich gezwungen bin, mich an Diskussionen über das Recht der Frauen zu arbeiten, über das Recht von Menschen, zu lieben wen sie wollen, beteiligen muss?
Mit dem genauso wohligen Gefühl, dass es ein viel höherer politischer Anspruch ist, hier vielleicht etwas zu bewirken, die eigene Meinung und die der anderen auf den Prüfstand zu stellen, wirkliche Argumente für die eigenen Thesen zu finden?

Für mich habe ich es damit gelöst, dass ich in jeder Situation ein anderes Ziel habe. In der Bildungsarbeit kann ich entweder versuchen, eine Selbstbestärkung, Strategiefindung für die eigenen Ziele zu erreichen. Oder ich kann mich an die breite Masse richten und erst einmal über die großen, generellen Fragen diskutieren, damit überhaupt eine Auseinandersetung stattfindet. Und das Gleiche gilt für den privaten Bereich.

Unsere Diskussion auf der Moodle-Plattform ist nicht derart kontrovers, glücklicherweise. Aber trotzdem bringt sie mich gerade dazu, noch einmal über einige der Themen nachzudenken, die dort aufgetaucht sind. 

Wie umgehen mit dem Web 2.0, wo ich den abstrusesten Meinungsäußerungen ausgesetzt bin? Wo ich beim Recherchieren über die #Aufschrei-Debatte das Gefühl habe, die Welt oder zumindest dieses Land sei voll von Maskulisten, Verniedlicher_innen und hasserfüllten Selbstdarsteller_innen? Einfach ignorieren? In die Auseinandersetzung gehen, weil ich nicht davon überzeugt bin, dass es reicht, ein paar Gleichgesinnte um sich zu haben?

Zumindest habe ich zwei tolle Beiträge im Internet gefunden, die einen konstruktiven und kreativen Umgang mit verletzenden Äußerungen gefunden haben. Also doch raus aus dem Mikrokosmos. Neue Gedanken können nie schaden.

(beide gefunden auf www.upworthy.com)


A Song To Play Every Time You See A Sexist, Racist, Or Homophobic Comment Online



7 Cowardly Words From A Totally Sexist Stranger Sparked This Courageous Response 

Montag, 21. Oktober 2013

Dekontamination

DEKONTAMINATIONSSEIFE steht in blauen, eckigen Buchstaben auf der weißen Plastikbox. Kontaminiert sind wir alle, die wir hier reinkommen, auf die Toilette in diesem indischen Restaurant in dieser Stadt, in der ich noch nie zuvor war.
Dekontamination, das riecht nach Chemie statt nach Milch und Honig oder künstlicher Aprikose, den üblichen Gerüchen aus Seifenspendern auf öffentlichen Toiletten. Dekontamination, was wäscht sich hier sonst noch weg, außer Schmutz unter den Fingernägeln, außer Dreck von der Straße, Talg auf der Haut? Kontaminiert von der Straße, kontaminiert vom Leben, kontaminiert von dir selbst und dem Rest der Welt.
Du kannst es abwaschen, sagt es dir, einfach die Hände unter den Seifenspender und den Knopf gedrückt.
Dekontamination ist ein Prozess, der nur Minuten dauert. Und dann ist alles anders.
Dann sind sie weg,

die Ansteckungsgefahr
die Krankheitserreger
die Schmutzpartikel
die Lebenspartikel
die Lebensgefahr

Dekontaminiert sitzt du dann
an deinem Tisch
zwischen den anderen
Dekontaminierten
und brauchst eine Plastiktüte
Plastikfolie
für deinen ganzen Körper

denn mit jedem Schritt, den du machst
jeder Bewegung, die du wagst
schwebt neue Gefahr heran
hängt über deinem Kopf
ein neues Schwert.

Offene Worte
sind nicht immer weise
schreibt doch einfach SEIFE
war das nicht auch so, als du klein warst
erwachte Ängste
die letzten Kinder von Schewenborn
bei euch um die Ecke
erst fielen nur Haare aus
dann auch die Sehfähigkeit
Kinder ohne Augen
wurden verschwunden
und du hattest Angst
bei jedem Geräusch eines Flugzeugs

jedes Geräusch eines Flugzeugs
war ein Vorbote
ein Vorbote des Dritten Weltkriegs
keine Bäume mehr, wenn du groß bist
Waldsterben, sagt eman dir
steht auf Deutsch im englischen Wörterbuch
erst Jahre später hast du gefragt. Und nein,
keine Engländerin, kein Amerikaner
wusste vom Woldstörben

und die Bäume sind immer noch da
auch wenn du nicht mehr kletterst
auch wenn der Regenwald schrumpft
und du keine Froschzäune baust
und nicht rausfährst mit kleinen Booten
um Wale zu retten
nicht mal nach Lampedusa fährst du
nur manchmal
erinnerst du dich
an das Kind
mit der Angst
im Bett
mit den Hubschraubern über dem Haus
und den Taschenbüchern im Regal
mit dem roten Streifen
und den pädagogisch bewussten Eltern
der achtziger Jahre
mit Geschichten über
Atombombensupergaus
sterbenden Wäldern
behinderten Kindern
Alkoholikervätern
verwahrlosten Teenagern
tödlichen Unfällen

Werde gut, rette die Welt
und die Welt war so groß
und deine Welt so gut
und du fühltest die Schuld
und den Hochmut
die anderen, die sind arm
ich bin reich
und mächtig

und dann kam der Supergau
du warst nicht mehr mächtig
die Welt war ganz klein
und du hattest keine Seife
zur DEKONTAMINATION

Sonntag, 20. Oktober 2013

a propos experimentieren

warum hier die schrifttypen dauernd wechseln? keine ahnung. das hat der blog allein gemacht, so viel zur frage nach dem takt des computers.

"Sie wissen nicht, worüber Sie bloggen sollen?"

Lese mich durch die Linkliste zum ersten Modul und stoße über Verlinkungen auf viele Tipps zum Bloggen. Am Besten gefallen mir die Hinweise zur Frage "Worüber soll ich eigentlich bloggen?", "Sie wissen nicht, worüber Sie bloggen sollen?- hier finden Sie Ideen." Das scheint mir eine gute Zusammenfassung des ganzen Dramas hier. Demokratische Formen der Kommunikation sind an sich eine gute Sache - im Internet haben alle* die Möglichkeit sich zu äußern, ihre Meinung in Kommentarspalten zu hinterlassen - und eben zu bloggen. Ob sie etwas zu sagen haben, ist dann aber gar nicht mehr so wichtig. Muss ich ja nicht lesen, wenn es mich nicht interessiert? Stimmt, aber das Überangebot erschwert die Suche nach dem Lesenswerten. Vielleicht fehlt mir eine andere Fertigkeit, die auf jeden Fall zur Online-Kompetenz gehört: die Fähigkeit zu filtern und mich nicht über Dinge zu ärgern, bei denen sich das Ärgern nicht lohnt. Beispielsweise Kommentare zur Asylpolitik von Menschen, mit denen ich in der Kneipe auch nicht reden würde - oder die ich nie dort treffen würde, weil wir nicht in die gleichen Kneipen gehen. 
Dass ich jetzt auch einen Blog beschreibe, von dem ich nicht genau weiß, wohin das führen soll, führt zunächst dazu, dass ich noch mehr Zeit vor dem Rechner verbringe als sonst. [und ja, ich widerspreche mir selbst, indem ich hier Luftblasen über die Problematik der Luftblasen blase] 
Aber vielleicht kann ich ja
ein bisschen ex
perimentiere
n
zum Beisp
iel mit Z
eilen
umbrü
chen
oder zò.
Fielaycht välld myr ya noxh wwasz guhtez aynn.


* so lange sie schreiben können, Zugang zu einem Computer haben, über die nötigen technischen Kenntnisse verfügen, körperlich keine Einschränkungen vorweisen...

Mittwoch, 16. Oktober 2013

biografischer Schnipsel

... lieber im Radio, in einer Sendung zusammen mit dem großartigen Frieder Butzmann. 
 http://www.dradio.de/dkultur/programmtipp/freispiel


to blog or not to blog?

Blog blog blog. Dies ist mein offizieller Beitrag zum Masterstudiengang "Biografisches und kreatives Schreiben" an der ASH in Berlin. Muss ich jetzt kreativ sein? Biografisches schreiben? Hab ich jetzt keine Lust. Es ist spät, der Tag war voll und eigentlich würde ich lieber ein Buch lesen. Oder ein Bier trinken. oder beides.