Montag, 28. April 2014

Auf der Suche nach der eigenen Rolle - Nachtrag zum Modul Gruppenleitung

Wieder einen Workshop überstanden. Wieder einen Haufen Neues überstanden:

Zum ersten Mal habe ich einen zweitägigen Workshop im Team geleitet, zum ersten Mal Forumtheater, Anti Bias und Kreatives Schreiben vermischt. Und zum ersten Mal habe ich einer Uni einen Workshop angeboten. Und: Es war großartig!

Zwar waren nur wenige Teilnehmerinnen da (der Workshop-Termin wurde kurzfristig verschoben, und ich verstehe jetzt, dass die Uni auch aus Dozent_innensicht nicht die besten organisatorischen Voraussetzungen aufweist), zwar haben wir uns ein (nicht besonders hohes) Honorar geteilt, weil die Uni nur eine Dozentin zahlen wollte - und trotzdem hat es sich sehr gelohnt.

Zu zweit planen, durchführen, umplanen, das war neu für mich und eine Herausforderung. Jede hat ein anderes Tempo, andere Vorstellungen, vielleicht auch eine andere Meinung zu bestimmten Themen. Insgesamt war es aber eine gute Ergänzung - vielleicht bin ich für manche TN zu schnell, glaube nur, immer genau zu wissen, was gerade jetzt alle brauchen? Und natürlich ergänzen sich Inhalte und Kompetenzen.

Großartig waren aber vor allem die Teilnehmerinnen. Sie haben unglaublich offen und vertrauensvoll über eigene Diskriminierungserfahrungen gesprochen, zu zweit über Konflikte geschrieben, Theaterszenen dargestellt, Lösungen gesucht und erprobt.


Es gab sehr emotionale Momente, denen ich glaubte, nicht gewachsen zu sein - kann ich es auffangen, wenn Menschen weinen? Habe ich ihnen zu viel zugemutet?
Nein, haben sie zurückgemeldet, es ist etwas aufgeplatzt, hat sich gelöst, sie haben sich von der anderen Person (besonders intensiv war eine Zweier-Schreibübung) verstanden gefühlt. Und die Lösung für mich als Kursleiterin war es, ganz explizit vorher anzukündigen, dass sie selbst steuern können und sollen, wie tief sie gehen wollen, wie persönlich sie erzählen möchten.

Es war schön, dieses Vertrauen entgegengebracht zu bekommen und zugleich so wunderbare Texte zu hören. Ich wünsche mir jetzt noch, dass ich nach Abschluss des Studiums nicht mehr rein intuitiv handle, wenn es emotionale / konfliktreiche / anspruchsvolle Situationen gibt, sondern dass ich mehr Reaktionsmöglichkeiten kennenlerne.

Donnerstag, 24. April 2014

Sex mit Jesus

und noch ein Text aus der Textmappe. I <3 Free Writing, wenn dabei so was Seltsames rauskommt.

Better than sex with Jesus, schreibt ein Kommentator zu dem Song, den ich gerade auf Youtube höre. Sex mit Jesus, und das soll was Gutes sein? Kann ich mir kaum vorstellen, wobei, ich hab noch nie drüber nachgedacht. Ich stelle mir Jesus nicht als besonders leidenschaftlichen Liebhaber vor, aber wer weiß, vieles wird kolportiert, vieles verfälscht über die Jahrhunderte.

Vielleicht wäre es ein unglaublich orgasmisches Erlebnis, Sex mit Jesus.
Vielleicht könnte ich dann an ihn glauben, an Jesus.
Und an seine Botschaft, wobei, die wäre dann wahrscheinlich eine andere. Und Jesus sprach nicht: Seid fruchtbar und mehret euch, oder hat das sein Vater gesagt? Jesus jedenfalls sprach: Nutzt euren Körper und genießt ihn, teilt eure Körper und genießt sie.

Vielleicht würde Jesus mich fragen: Warum sitzt du dauernd am Computer, warum gehst du nicht raus an die Sonne? Weil die Sonne nicht scheint, würde ich sagen, was soll ich da draußen, es ist Februar und nasskalt, wobei, ich sage niemals „nasskalt“, das ist ein Wort für den Wetterbericht oder für schlechte Romane, in denen ältere Damen mit ihren Dackeln spazieren gehen. Ist das ein Zeichen für schlechte Literatur, dass ältere Damen und Dackel vorkommen? Mir fällt kein einziger ein – aber auch kein guter, das muss ich zugeben.

Von Jesus zum Dackel, das ist interessant. Sei gut zu deinem Dackel als elftes Gebot, sei gut zu allem, was da kreucht und fleucht, ich glaube, so ähnlich würde Jesus es mir erklären nach dem Sex und bevor er sich wieder auf den Weg machen würde, hinaus zu den Menschen, denen er predigt von der frohen Botschaft, und bei mir würde er schon mal üben.

Sexpartner_innen sind gute Übungsobjekte, sie hören dir zu, ob sie wollen oder nicht, weil sie da liegen, neben dir, und sich erst mal anziehen müssten, bevor sie weg könnten, und oft bleiben sie da, auch wenn sie eigentlich weg wollen, weil es kalt draußen ist und naja, eben nasskalt.

Vielleicht würde ich ihm auch was erzählen, dem Jesus, vielleicht hätten wir Streit, aber der würde keinen Spaß machen, weil er immer nur die rechte Wange hinhalten würde. Und ich wäre genervt. Mann Jesus, würde ich sagen, sei nicht so passiv, ich brauche ein Gegenüber, beim Streiten und auch beim Sex. Liebe deinen Nächsten wie die selbst, würde er sagen, und ich würde sagen, du bist nicht mein Nächster, du bist nur ein One Night Stand, und überhaupt, was hat denn Kommunikationsverweigerung mit mangelnder Liebe zu tun?

Und Jesus würde sanft meine Hand nehmen und sagen, mein Kind, geh in dich. Oder nein, Jesus war ja kein Zeuge Jehovas, die kommen erst später. Aber ich wäre längst genervt, ich würde mich anziehen, sehr schnell, und vielleicht meine Unterhose falschrum anziehen vor Eile, und auf der Straße würde ich mit einer alten Frau zusammenstoßen, die gerade ihren Dackel ausführte, und ich würde sagen: Oh verzeihen Sie und an Jesus denken und an seine Botschaft.

Verdammt, würde ich denken, immer diese One Night Stands. Irgendwas nervt immer. Die falschen Möbel, die falsche Musik, oder die falschen Diskussionen. Und wieder würde ich an Jesus denken, wie er mir sagt: es gibt keine falschen Diskussionen, mein Kind. Sei gut zu dir und zu deinem Gegenüber, dann ist alles gut.
Und spätestens da würde ich in die Kneipe gegenüber gehen, wenn Jesus Berliner wäre, gäbe es eine Kneipe gegenüber, und da würde ich ein Bier bestellen oder vielleicht einen Kurzen, auch wenn es erst früher Nachmittag wäre. Einen Kurzen bräuchte ich, dringend, nach Sex mit Jesus und einer Frau mit Dackel.

Und da würde ich ins Sinnieren kommen und mich fragen, gibt es sie überhaupt noch, die alten Damen mit Dackel? Rauhaardackel waren das, und sie waren überall zu treffen in der alten BRD. Eine unerforschte Folge des Mauerfalls? Es gibt keine Dackel mehr, und was würde Jesus dazu sagen?

Liebe bewältigen: Ich habe nichts dabei empfunden

Liebesbriefe mit Semikolon

Ich bin kein Pferd; manchmal fragt man eben: Warum?

Die Melancholie eines in die Hose gesteckten Hemdes; die Traurigkeit des kleinen Stücks zwischen Gürtel und zweitem Knopf

Das mit Spiderman drauf ist für Jungs; dass die Sonne morgen aufgehen wird, ist eine Hypothese.

Die alte Angst, die ist vielleicht kleiner geworden; stattdessen steht da jetzt eine neue vor der Tür.

Die Kassiererin kommt für dein Hartz IV auf; tust du der Welt was Gutes, wenn du dir nur ein klappriges Fahrrad gönnst?

Die Frau, die mit strahlendem Lächeln in die U-Bahn einsteigt, das dann abrupt erlischt; es gibt keinen freien Platz

Ich kann dich nicht verstehen, wenn du schweigst; jeder Satz ein Spiegel

Ich will nicht meinen Namen schreiben; ich will nur Buchstaben schreiben.

Und ich will nicht, dass du mich trotz meiner Schwächen; Ich will nicht, dass du mich, weil man mit mir über alles sprechen kann; Ich will nicht, dass du mich, weil ich für dich da bin; Ich will, dass du mich willst, weil ich ein Star bin.

Bewältigungsoptimismus: To Add One Meter to an Anonymous Mountain

Schwäbisch sprechende Paare, die sich ständig streiten, sind ein gutes Mittel gegen Einsamkeitsanfälle.

Die sind froh, wenn sie bei uns arbeiten dürfen. Sogar die MAEler sind glücklich.

There’s a scarecrow in my bathtub

Sie hatte aus einem Aquarium gegessen und wurde krank.

Müde Radiosprecherinnen, die die Sätze wie Kaugummi langziehen, sich verheddern vor lauter Schlaftablettenhaftigkeit.

Ich habe Bubble Tea probiert, ich habe nichts dabei empfunden.

Kr Kr Kr

Unpolitisch sein heißt politisch sein, ohne es zu merken (Rosa Luxemburg).

Denken sollst du, kritisch denken
denke kritisch, sag ich, kritisch,
hörst du?
Bild dir deine Meinung
deine eine Meinung.
Frag nach, frag nach.
du bist, was du denkst, sag ich,
du bist, was du denkst.
Deine Meinung, deine eigene Meinung
sag ich, sagst du bitte.
Sag, was denkst du,
sag, was meinst du?
Deine Meinung, meine Deinung
deine deine deine Deinung
aber nein nein nein
so mein ichs nicht,
was ganz anderes.
Kritik ist ein scharfes Beil
ein scharfer Pfeil
aber doch nicht so
doch nicht so
das tut doch weh
tut dir doch mehr weh als mir
so war das nicht gemeint
Hörst du? so war das nicht gemeint.
austeilen kannst du,
kannst du
aber nicht hier.
Wir sind die Guten
Wir wollen uns, ja uns
an den Händen fassen
und singen ein Lied.
Lasst uns schreiben
lasst uns reflektieren.
So geht das.
So geht das nämlich, hörst du?
Lass doch mal die Sonne rein,
nimm die Blume
leg ein Lächeln auf
und sing dein Lied.
Ommmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmm.

Das erste Semester an der ASH hat mich weitergebracht, aber anders, als ich erwartet hatte. Das ist ein sehr gutes Ergebnis.

Ich habe weniger gelernt als erwartet über
Leitung von Gruppen
Umgang mit Konflikten
Literarisches Feedback
Möglichkeiten, Menschen in der Schreibentwicklung zu helfen
Möglichkeiten, mein eigenes Schreiben zu entwickeln und zu beurteilen

Dafür habe ich gelernt, was mir wichtig ist, das war mir vorher nicht so klar. Ich weiß jetzt genauer als zuvor, wohin ich will. Und halte es besser aus als früher, dass Menschen mich doof finden.

Und es sind einige Texte entstanden, die mir wirklich gefallen. Das finde ich großartig! Anscheinend hilft schon der Druck, etwas produzieren zu müssen. hurra!

Und vor allem hat das Studium mir Mut gemacht - ich getraue mich viel eher als vorher, Kurse anzubieten und durchzuführen, Projektanträge zu schreiben, Beiträge zu Anthologien einzureichen.

Wenn das so weitergeht, kann ich in zwei Jahren einen Ratgeber zum Thema "Wie du dich unbeliebt machst" und einen anderen zum "How to rant like Thomas Bernhard" veröffentlichen. Ich bin sowieso Ratgeberliteraturfan.