Montag, 16. Juni 2014

Umbrüche - ganz wörtlich

Eine interessante Übung aus dem Lyrik-Wochenende:

Ein eigenes Gedicht sollte als Fließtext mitgebracht werden - eine andere Person setzt dann Umbrüche, wo sie sie für sinnvoll hält - das ergab eine spannende Diskussion über unterschiedliche Interpretationen, Sichtweisen, Schwerpunkte.

Beispielhaft haben wir das auch an Gedichten von Hilde Domin u.a. durchgeführt:

a)
Nicht müde werden
sondern dem Wunder
leise wie einem Vogel
die Hand
hinhalten


b)
Nicht müde werden, sondern
         dem Wunder
leise wie einem Vogel
         die Hand
hinhalten

c)
Nicht müde werden
sondern dem

Wunder

leise wie einem Vogel
die Hand hinhalten

d)
Nicht müde werden
sondern dem Wunder
leise
wie einem Vogel
die Hand hinhalten

Mein Beispiel:

Träger Nachmittag
Der Sound aus dem Surren des Motors und dem Zischen von großen und kleinen Flusen. Das Zutsch, Zutsch, wenn es sich festsaugt an einem Polster, das Flupp!, wenn es einen Socken fasst. Das Fluchen des Menschen dahinter, der das Gerät herumführt in der zu putzenden Wohnung. Das Rumpeln, wenn es über die Türschwelle rollt und näher rückt mit Surren und Zischen und Zuppeln. Die Reflektion des Menschen in den spiegelnden Türen des Schuhschranks, das Wissen, dass er da ist, direkt um die Ecke, dass du hingehen kannst, wenn du willst, und es lassen kannst, wenn du willst. Die Ruhe, wenn es beendet ist, das Saugen und Summen, ein kurzes Brrrp!, wenn das Kabel sich einzieht, und dann Stopp.
Die Langsamkeit der Autotür, die ins Schloss fällt, weit entfernt. Die Langsamkeit des Kaffees, der in die Kanne brodelt. Die Langsamkeit des Flugzeugs, das lauter wird und wieder leiser. Die Langsamkeit der Schritte auf der Treppe, die Langsamkeit der Stimmen, die sie begleiten. Die Langsamkeit der Bewegungen. Die Langsamkeit des Staubs, der zu Boden fällt, die Langsamkeit des Nachbarn, der die Decke schüttelt. Die Langsamkeit, mit der er sie weglegt, eine Zigarette raucht, auf seinem Balkon.
Die Langsamkeit der Elstern, die ihr Nest bauen in der Tanne, vor dem Küchenfenster, ein Nest, so unordentlich, als wären sie eingeschlafen beim Bauen, betrunken von der Vorfreude auf ihre Küken.


Träger Nachmittag
Der Sound aus dem Surren des Motors und dem Zischen
von großen und kleinen Flusen

Das Zutsch, Zutsch, wenn es sich festsaugt an einem Polster
das Flupp!, wenn es einen Socken fasst

Das Fluchen des Menschen dahinter
der das Gerät herumführt in der zu putzenden Wohnung

Das Rumpeln, wenn es über die Türschwelle rollt und näher rückt
mit Surren und Zischen und Zuppeln

Die Reflektion des Menschen in den spiegelnden Türen des Schuhschranks
das Wissen, dass er da ist
direkt um die Ecke

dass du hingehen kannst, wenn du willst,
und es lassen kannst, wenn du willst.

Die Ruhe, wenn es beendet ist, das Saugen und Summen,
ein kurzes Brrrp!, wenn das Kabel sich einzieht, und dann Stopp.


Die Langsamkeit der Autotür
die ins Schloss fällt
weit entfernt

Die Langsamkeit des Kaffees
der in die Kanne brodelt
Die Langsamkeit des Flugzeugs
das lauter wird
und wieder leiser

Die Langsamkeit der Schritte auf der Treppe
die Langsamkeit der Stimmen, die sie begleiten

Die Langsamkeit der Bewegungen
Die Langsamkeit des Staubs, der zu Boden fällt,
die Langsamkeit des Nachbarn, der die Decke schüttelt.

Die Langsamkeit, mit der er sie weglegt
eine Zigarette raucht,
auf seinem Balkon.

Die Langsamkeit der Elstern, die ihr Nest bauen
in der Tanne,
vor dem Küchenfenster
ein Nest, so unordentlich
als wären sie eingeschlafen beim Bauen,
betrunken von der Vorfreude auf ihre Küken

 


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